Äußere Anwendungen in der Anthroposophischen Pflege

Beckenboden-Blasenwickel mit Wacholderöl

Substanzart

Wacholderöl

Leitgedanke zur Anwendung

Ein Blasenwickel wird üblicherweise auf den Unterbauch angelegt. Von dort dringt er nur schwer bis auf den Beckenboden durch und gerade dort nisten sich in die Schleimhaut des Blasendreiecks am Boden der Blase - wie in einen Sumpf - die Infekte ein und sind für äußere Behandlung schwer erreichbar.
Der Beckenboden-Blasenwickel hingegen kann mit seiner Substanz- und Wärmewirkung aus nächster Nähe auf diesen Bereich einwirken.
Aus der klinischen Erfahrung heraus, dass sich Harnwegsinfekte häufig mit der herkömmlichen Anwendung eines Blasenwickels nicht nachhaltig ausheilen ließen, und der Kenntnis davon, dass Infekte sich gerne im Trigonum des Blasenbodens einnisten, wurde diese Anwendung auf der homöopathisch-anthroposophischen Belegklinik des Klinikum Heidenheim von Dr.Maria Kusserow entwickelt.
Der Beckenboden-Blasenwickel ist ein integrierender Wickel. Er gliedert den ganzen unteren Leib ab Beckenkamm wieder in den übrigen Organismus ein.

Leitgedanke zur Substanz

Indikationen

  • Akuter Harnwegsinfekt/ Zystitis
  • Rezidivierender Harnwegsinfekt
  • Inkontinenz
  • Miktionsstörung
  • Prostatitis
  • Reizblase
  • Überlaufblase

Durchführungsbeschreibung

Besonderheiten:
Dieser Wickel kann sowohl mit wässriger Substanzlösung (in der Regel mit Equisetum-Sud) als feuchter Wickel angewandt werden, als auch als trockener Wickel, mit Öl-Beträufelung der beiden Innentücher mit Wacholderöl. Nachfolgend die Beschreibung für den Ölwickel.
Eine weitere Möglichkeit (insbesondere bei akuten Infekten) ist die Verwendung von Equisetum ex herba W5% Öl (Wala)

Material:

  • Ätherisches Wacholderholz- und Beerenöl in Distelöl

Rezepturherstellung aus der Apotheke:
  Distelöl 20 ml
  Oleum juniperi baccarae DAB, 5 Tropfen (ätherisches Wacholderbeerenöl)
  Oleum juniperi e ligno DAB, 5 Tropfen (ätherisches Wacholderholzöl)
  • 2 Wärmflaschen zum Anwärmen der Tücher
  • 1 Gefrierbeutel
  • 1 großes Badetuch, in der Länge 1 x gefaltet, angewärmt
  • 1 Handtuch in handelsüblicher Größe, in der Länge 3 x gefaltet, angewärmt
  • 2 Innentücher für die Ölauftragung: 2 x ein glattes Baumwolltuch: ca. 36 x 12 cm (vom Anus bis handbreit über die Symphyse reichend), jeweils 4-6-fach gelegt


Durchführung der Anwendung:
  • Das angewärmte Badetuch, in der Länge 1 x gefaltet,  in Gesäßhöhe, horizontal zum  Patienten  unter das Gesäß legen. Die beiden Trochanter (Zentrum der Hüftgelenke) kommen dabei mittig zu liegen.
  • Das angewärmte Handtuch, in der Länge 3 x gefaltet, vertikal unter das Gesäß legen, es soll bis über die Blase zu liegen kommen. Die überschüssige Länge des Handtuches auf der Rücken-Seite korrigieren (hochziehen).
  • Die beiden Innentücher mit Öl beträufeln und anwärmen (die Tücher vor dem Anwärmen in den Gefrierbeutel tun)
  • Vom Anus aus beide Tücher über den Beckenboden zur Blase führen, die Blase muss ganz bedeckt sein. Deshalb gibt es 2 Tücher, damit man sie jeweils in Richtung Leiste führen und damit die Blase bedecken kann.
  • Das vertikale Frotteetuch nabelwärts dicht darüber legen, dann mit dem Badetuch von beiden Seiten das ganze Gebiet dicht anliegend, überkreuzend abdecken (=beinwärts, d. h. schräg nach unten, übereinander legen).
  • Darauf achten, dass keine „Kältebrücke“ zwischen dem unteren Wickelbereich und den Oberschenkeln entsteht!
  • Patient lagern wie in den „Allgemeinen Hinweisen für die Durchführung von Wickeln“ beschrieben

  • Dauer der Anwendung: mind. 30 Minuten
  • Nachruhe: 30 Minuten

Beurteilungssicherheit
Bei vielen Patienten bewährt
Dosierung
1x tgl.
Wirkungseintritt
Sofort
Therapiedauer
Je nach Beschwerdebild mehrere Tage bis mehrere Wochen
Weitere Therapieempfehlungen
Ersatzweise anstelle der Apothekenrezeptur: Wacholderöl 5% (nur Beere), Dr.Heberer

Durchführungsanleitung zum Download

Fallbeispiel

Fallbeispiel 1
Eine Patientin, 80 Jahre alt, mit Erschöpfungsphasen und einem Restharn von 70-100 ml leidet immer wieder unter Blasenentzündungen, ohne Fieber, aber heftig in der entsprechenden Symptomatik. Wegen kontinuierlicher infektbedingter Inkontinenz kann sie kaum das Haus verlassen. Aktuell besteht das dritte Rezidiv einer Serie von drei Erkrankungen nacheinander. Ein Beckenboden-Blasenwickel wird verordnet. Die ausführende Pflegeperson lässt die abgehetzte Patientin eine halbe Stunde lang mit je einer Wärmflasche an Füßen und Knien im Bett liegend "ankommen". Die Patientin schläft während dieser Zeit. Nach Abnahme der Wärmflaschen wird der Beckenboden-Blasenwickel (als Ölwickel mit Wacholderbeeren- und -Holzöl) angelegt.
Im Wickel hat die Patientin folgendes Erlebnis: Im Bereich der Blase entwickelt sich ein wohliges Hohlraumerlebnis, die Rundung der Grenze dieses Gebildes ist angenehm geometrisch, das runde Gebilde ist relativ groß (die Blase selbst ist ja nur ein kleines Gebilde), der ganze Bereich wird weit, leicht, hell, eher silbern, wie geklärt und rein. Zuerst fühlt sich der Wickel kühl an, dann setzt wie von selbst voll eine Wärmeentwicklung ein. In der Nachruhe wird Eingliederung des nun nicht mehr schmerzhaften Beckenbodens (Unterleib) und der Blase (Bauchdeckenbereich) in den übrigen Leib erlebt, der Leib fühlt sich als ein Ganzes an. Ab Taille bis zu den Füßen herrscht milde, doch deutliche Wärme. In der Folge wird die Heilung durch Medikamente der anthroposophischen Medizin unterstützt, jedoch ohne Einsatz von Antibiotika. Bezüglich des Wickels bleibt es hier - aus äußeren Gründen - bei einmaliger Anwendung. Im Beobachtungszeitraum bis inzwischen ein Jahr trat kein Rezidiv mehr auf trotz immer wieder auftretender Erschöpfungsphasen.
MK

Fallbeispiel 2
Ein Patient mit häufig auftretenden Prostatiden, 3-4 Mal im Jahr, und seither bestehender Blasenentleerungsstörung, die immer wieder Katheterisierung notwendig machte.
Seit der letzten Prostatitis mit mehrfachen Antibiotika-Behandlungen bemerkte der Patient deutlichen Leistungsabfall mit schneller Ermüdbarkeit und Gewichtsverlust von 4 kg.
Beim diesmaligen stationären Aufenthalt erlebte der Patient schon nach einer Woche eine deutliche Besserung seiner Leistungsfähigkeit.
Als besonders hilfreich empfand er den Beckenboden-Blasenwickel mit Wacholderöl: „Besonders der Ölwickel mit Wacholder erzeugt eine so angenehme Wärme in der Blase - ich muß mich zur Zeit sogar weniger katheterisieren - und der unangenehme Druck in der Blase ist wie weg".
BH

Autor

Red., MK, BH

Literatur

  • Diederich,K., Der Wacholder, Der Merkurstab 2014;67 (4): 290-293