Äußere Anwendungen in der Anthroposophischen Pflege

Hypericumöl-Blasenwickel

Substanzart

Hypericumöl

Leitgedanke zur Anwendung

Wenn sich in der Blase eine Schwäche bemerkbar macht, kann durch die Unterstützung eines wärmenden Wickels wieder eine Wahrnehmung des Organs entstehen, wodurch eine Reizung oder leichte Inkontinenz überwunden werden kann. Es kommt zur Entkrampfung durch die Wärmebildung des Öls.

Leitgedanke zur Substanz

Indikationen

  • Häufige Miktion (Pollakisurie) (siehe Fallbeispiel 1)
  • Nykturie (siehe Fallbeispiel 1)
  • Stress-und Dranginkontinenz (z.B.bei Multipler Sklerose, Fibromyalgie)
  • Inkontinenz nach Schwangerschaft
  • Inkontinenz nach Prostata-OP (siehe Fallbeispiel 2)

Durchführungsbeschreibung

Material

  • Hypericumöl gekauft oder selbst hergestellt
  • Innentuch (2-fach gefaltet in der Größe des zu behandelnden Bereiches)
  • Wärmepolster: möglichst Rohwolle oder ein Wolltuch, in der entsprechenden Größe (ca. 1 bis 2 cm größer als das Substanztuch)
  • Außentuch, z.B. großes Badetuch, der Längsrichtung gefaltet
  • Wärmflasche
  • Plastiktüte (lebensmittelecht, z.B. Gefrierbeutel) zum Anwärmen und Aufbewahren des Innentuches


Durchführung der Anwendung
  • Das Innentuch mit ca. 30 Tropfen des Öls beträufeln, 1x falten und so in die Plastiktüte legen (vor jeder weiteren Anwendung einige Tropfen hinzufügen)
  • Wärmflasche mit warmem Wasser füllen, darauf die Tüte mit dem ölgetränkten Tuch legen (Gesichtspunkt: das Tuch wird erwärmt)
  • Wärmepolster um die Wärmflasche legen (bei bettlägerigen Patienten auch das Außentuch um die Wärmflasche wickeln)
  • Alles mindestens 5 Minuten anwärmen lassen
  • Innentuch aus der Plastiktüte holen, auseinander falten und mit der Ölseite direkt auf die Haut der Blasenregion legen. Darüber wird das Wärmepolster gelegt und der Unterleib mit dem Außentuch eingehüllt.

  • Variation: in der ambulanten Situation kann das Öltuch mit Wärmepolster direkt in den Schlüpfer auf die Blasengegend gelegt werden
  • Die Füße des Patienten müssen vorher unbedingt warm sein (ansonsten die Wärmflasche an die Füße legen)
  • Dauer der Anwendung: mindestens 30 Minuten,
  • Nachruhe 30 Minuten


Nachbereitung
  • Das Öltuch nach Anwendung in der Plastiktüte aufbewahren. So kann es längere Zeit wiederverwendet werden.

Beurteilungssicherheit
Bei vielen Patienten bewährt
Dosierung
Täglich, sowohl morgens als auch vor dem Schlafe gehen oder über Nacht möglich
Wirkungseintritt
Varierend
Therapiedauer
Bis eine Besserung eintritt, bei fehlender Wirksamkeit andere Therapieoption überlegen
Weitere Therapieempfehlungen

Durchführungsanleitung zum Download

Fallbeispiel

Fallbeispiel 1
In diesem Fallbeispiel wurde der Blasenwickel in Kombination mit einer Einreibung des Oberschenkels angewendet. Die Innenseite des Oberschenkels wurde vom Patienten selber mit dem Hypericumöl eingerieben, vom Knie bis zur Leiste (es handelt sich nicht um eine Rhythmische Einreibung nach Wegman/ Hauschka):
65 jähriger Patient mit leichter Prostatavergrösserung, Reizblase mit Dranginkontinenz (15-25 maliges Wasserlösen am Tag, Nykturie 2-3 Mal), sowie einer koronaren Herzerkrankung, arteriellen Hypertonie Nierenfunktionsstörung und häufiger Obstipaton, nässte bei Harndrang sofort ein,  wenn keine Toilette in der Nähe war. Bei Belastung, z.B. heben, Aufzug fahren, trat eine sofortige Miktion ein. Der Patient litt unter Schlaflosigkeit.
Schon nach der ersten Anwendung konnte der Patient 9 Std. durchschlafen und hatte keine Miktion mehr. In den vier Nächten, die er beobachtet werden konnte in der Klinik, hat er nur einmal aufstehen müssen. Tagsüber hat sich die Miktion von 25 Mal auf 8 Mal reduziert.
Der Patient hat und ein Trink-und Miktionsprotokoll geführt und einen Verlaufsbericht. Er war begeistert von der Wirkung, die aber auch mit seinem eignen Engagement zusammen hängt.
MKR

Fallbeispiel 2
In diesem Fallbeispiel wird ein Fall beschrieben, in dem der Wickel keinen Erfolg zeigte.
Der Patient, männlich, geboren 1936, erhielt nach einer Prostatakrebsdiagnose im Jahr 2002 mehrere Bestrahlungen. Direkt danach trat eine starke Inkontinenz auf. Mit Physiotherapie und täglichen Beckenbodenübungen ließ sich die Situation sehr deutlich verbessern, das Problem verschwand fast.
Ab Anfang 2019 litt der Patient unter ständigem Harndrang. Der Arzt empfahl eine Operation wegen Verhärtungen an der Prostata als Strahlenfolge. Seit der Operation im September 2019 litt der Patient unter Harninkontinenz. Die subjektive Beeinträchtigung war groß.
Der Patient erhielt daraufhin zu Hause täglich vor dem Schlafengehen während 3 Wochen einen Hypericumöl-Blasenwickel. An einigen Tagen hatte der Patient den Eindruck einer Erleichterung. Insgesamt sei nach den 3 Wochen jedoch alles wie vorher, es hatte sich also keine nachhaltige Verbesserung eingestellt.
RS

Autor

MKR, RS, Red.