Äußere Anwendungen in der Anthroposophischen Pflege

Kamillen-Bauchwickel

Substanzart

Kamillenblüten

Leitgedanke zur Anwendung

Der Kamillenteewickel löst im Stoffwechselbereich Funktionsstörungen, wie z.B. Verkrampfungen, Blähungen oder Dysmenorrhoe mittels der Wärme. Er wirkt sowohl über das vegetative Nervensystem formend, beruhigend und krampflösend, wie auch entzündungshemmend direkt auf die Organe. Ein feucht-heißer Kamillenteewickel entspannt sowohl den Körper als auch die Seele.

Leitgedanke zur Substanz

Indikationen

  • Dyspepsie/ Völlegefühl
  • Kolikartige Dysmenorrhoe
  • Gastritis
  • Meteorismus
  • Colon irritabile (Reizdarmsyndrom) (Fallbeispiel 1)
  • Schulische Überforderung (Fallbeispiele 2 &3)
  • Somatische abdominale Beschwerden (Fallbeispiel 1)
  • Sommerdiarrhoe bei Kindern
  • Spastische Zustände des Verdauungstraktes

Durchführungsbeschreibung

Besonderheiten:
Nicht anwenden bei akutem Abdomen und Fieber

Material:

  • ½ Esslöffel Kamillenblüten
  • Außentuch
  • Zwischentuch
  • Innentuch
  • Auswringhilfe, ggf. Auswringtuch
  • Wärmflasche, flach gefüllt, entlüftet
  • Mittelgroße Schüssel
  • Kamillentee: ½ Essl. Blüten mit 300 ml kochendem Wasser überbrühen, 1-3 Minuten ziehen lassen, dann sofort in eine Thermoskanne abseihen


Durchführung der Anwendung:
  • Außentuch und Zwischentuch angewärmt in Bauchhöhe ins Bett legen
  • Patient legt sich darauf
  • Innentuch auf Bauchgröße falten und in die Schüssel legen
  • Tee darüber gießen
  • Innentuch gut auswringen! Das heiße Tuch zunächst vorsichtig an die Haut anfächeln, bis die Hitze vertragen wird, dann das Innentuch auf den Bauch legen
  • Mit dem Zwischentuch das Innentuch von beiden Seiten anplastizieren und dann zügig das Außentuch einhüllend folgen lassen
  • Wärmflasche auf den Bauch legen, Patient zudecken, einschließlich der Schultern und  Füße
  • Nach 30 Minuten Wickel und Wärmflasche entfernen, Bauch zudecken (z.B. das hochgezogene T-Shirt wieder nach unten ziehen)
  • Unbedingt 30 Minuten nachruhen lassen


Nachbereitung:
  • Innentuch auswaschen und alle Tücher zum Trocknen aufhängen

Beurteilungssicherheit
Bei vielen Patienten bewährt
Dosierung
1x tgl., bei starken Beschwerden auch 2x am Tag
Wirkungseintritt
Unmittelbar
Therapiedauer
Abhängig vom Therapieziel kann eine Anwendung über mehrere Wochen angezeigt sein
Weitere Therapieempfehlungen
Alternativ ist der Schafgarben-Leberwickel als Bauchwickel möglich, besonders bei kolikartiger Dysmenorrhoe
Warnhinweise
Nicht bei akutem Bauch oder Fieber anwenden

Durchführungsanleitung zum Download

Fallbeispiel

Fallbeispiel 1:
Eine 33-jährige Patientin mit einer posttraumatischen Belastungsstörung litt seit mehreren Jahren an  unregelmäßig auftretenden Blähungen bei Colon irritabile (Reizdarmsyndrom).
Der warme Kamillenbauchwickel bewirkte bei ihr das Gefühl von "gehüllt- und angenommen-sein". Die Wärme der Anwendung strahlte bis in den Bereich des Sakrums und des Beckens. Während des Wickels schlief sie ein. Die Symptomatik milderte sich deutlich, Schmerzmittel konnten abgesetzt werden.
Die Patientin lernte den Wickel zu Hause selbständig anzuwenden. Am Abend löste er Anspannung und Stress vom beruflichen Alltag und förderte so den Schlaf. Die Anwendung wendete sie ca. ein ¾ Jahr regelmäßig an, anschließend nach Bedarf.
TB

Fallbeispiel 2:
Ein 11 jähriges Mädchen, das älteste von 4 Kindern, war ständig von Versagensängsten in der Schule gequält. An den schulfreien Nachmittagen wendete die Mutter einen Kamillenbauchwickel nach dem Mittagessen an. Sogleich mit der Anwendung schlief das Mädchen für ca. 1 Stunde ein. Anschließend konnte es stressfrei den Nachmittag und Abend verbringen. Der Wickel wurde ca. über 6 Monate angewendet. Diese regelmäßige Zuwendung der Mutter vermittelte ihr auch seelisch Wärme und Vertrauen.
TB

Fallbeispiel 3:
Ein Schulkind, 1. Klasse, war sozial völlig überfordert mit den vielen Kindern, es nahm alle Eindrücke so intensiv auf, dass es sie nicht „verdauen“ konnte. Bereits am Morgen klagte das Kind über Bauchweh, was die Mutter richtig deutete, dass das Kind Angst vor der Herausforderung hatte. Wenn es am Mittag nach Hause kam, machte die Mutter zuerst einen Kamillenbauchwickel, bei dem das Kind regelmäßig einschlief und dann auch fröhlich erholt aufwachte. Nach einigen Wochen schaffte das Kind die Herausforderungen und die Wickel waren nicht mehr nötig.
US

Autor

Red., TB, US

Literatur

Sonn, Annegret: Heilpflanzen in der Pflege, Hans-Huber- Verlag Bern (2004)