Äußere Anwendungen in der Anthroposophischen Pflege

Sauerkraut-Blasenwickel

Substanzart

Sauerkraut

Leitgedanke zur Anwendung

Die Harnblase als das zuunterst und extraperitoneal gelegene  Hohlorgan des Menschen  macht sich in ihrer besonderen Empfindsamkeit bemerkbar beispielsweise in seelischen Stresssituationen (Prüfungsangst, Trennung, Traumata), als Reizblase oder auch als Blasenschwäche (besonders im Zusammenhang mit allgemeiner Erschöpfung). 
Beim gesunden Menschen verbindet sich die seelische Leibesorganisation des Menschen, sein Astralleib, über Nieren und Blase mit dem „unteren Menschen“, der Region der Verdauungs-, Stoffwechsel- und Sexualorgane. Bei anhaltendem Stress, starker Erschöpfung oder schwererer Erkrankung, kann er sich aus diesem Bereich zurückziehen. Symptomatisch verändern sich Tonus und Reizbarkeit  der Blase, wodurch es z.B. zu einem permanenten, unproduktiven Harndrang kommen kann. Als erstes Anzeichen für die sich entwickelnde Tonusstörung zeigen sich oft schon zuvor Lustlosigkeit und mangelnde Antriebskraft.

Das Sauerkraut kann zusammen mit der Wärme helfen, hier wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Der in ihm enthaltene (und riechbare) Schwefel wirkt lokal belebend. Die Stärkung der ätherischen Kräfte im Blasenbereich fördert ein gesundes Einschlafen und lässt Reizerscheinungen zurückgehen.  Die Säure wendet sich direkt an das Astralische im Menschen und trägt zu einer Regulation der Tonusstörung bei. Die tiefe Durchwärmung durch den Sauerkrautwickel kann dazu beitragen, chronische Störungen von Blase und Harnwegen zu überwinden. Durch das Zusammenspiel von Wärme, Schwefel und Säure wird der Mensch in seinem unteren Leib wieder wohlig anwesend, was helfen kann, sich ganz als Mensch zu erleben.

Die Anwendung des Sauerkrauts als Blasenwickel ist ursprünglich eine Idee der Ärzte Astrid Sterner und Klaus Wilde.
GS, Red.

Leitgedanke zur Substanz

Indikationen

  • Blasenentleerungsstörung
  • Depression, reaktiv
  • Erschöpfung
  • Inkontinenz
  • Posttraumatische Belastungsstörung
  • Reizblase
  • Restharn
  • Traumatisierung im Genitalbereich
  • Wochenbettdepression
  • Zystitis, chronisch und akut

Durchführungsbeschreibung

Material:

  • 1 Innentuch in der Größe ca. 20cm x 30cm
  • 1 Badetuch
  • 1 Wärmflasche
  • 3 gehäufte Esslöffel rohes Sauerkraut (milchsäurevergoren)
  • 1 kleiner Topf mit wenig Wasser
  • 1 Sieb


Durchführung der Anwendung:
  • Die heiße Wärmflasche mit dem Badetuch umhüllen
  • Das Sauerkraut 15 Min. stark erhitzen ohne zu kochen (Milchsäurebakterien werden bei Temperaturen ab 70°C zerstört)
  • Das warme Badetuch horizontal einmal gefaltet im Bett bereit legen, Patient legt sich darauf
  • Das Sauerkraut im Sieb abtropfen lassen und ausdrücken, auf das Baumwolltuch geben und alle 4 Seiten des Baumwolltuches so einschlagen, dass das Päckchen der Handgröße des Patienten entspricht
  • Die Auflage auf die Blase legen und das Badetuch von beiden Seiten dicht anlegen,  Patienten zudecken
  • Dauer der Anwendung ca. 30 Minuten
  • Sollte sich der Wickel vorher kühl anfühlen, muss er abgenommen werden
  • Nach 30 Minuten alle Tücher entfernen
  • Nachruhe 30 Minuten


Nachbereiung:
Tücher müssen ausgewaschen und getrocknet werden, das Sauerkraut wird verworfen

Beurteilungssicherheit
Bei vielen Patienten bewährt
Dosierung
Zunächst täglich 1mal tgl., weiter siehe bei „Therapiedauer“
Wirkungseintritt
Sofort
Therapiedauer
Nach Symptombesserung weitere Anwendung in größeren Abständen (zuerst 3x/ Woche, dann 2x/ Woche, später bei Bedarf
Weitere Therapieempfehlungen
Zitronenöl-Blasenwickel, wenn ein trockener Wickel angezeigt ist
Warnhinweise
Verbrennungsgefahr, die Temperatur des Sauerkrauts muss vor dem Anlegen geprüft werden!

Durchführungsanleitung zum Download

Fallbeispiel

Fallbeispiel 1
81-jährige Frau, noch sehr mobil, litt phasenweise unter Inkontinenz bei rezidivierenden Harnwegsinfekten. Die rezidivierenden Zystitiden traten vor allem in Zusammenhang mit Erschöpfung auf. Es bestand dann ein Restharn von ca. 150 ml und einem abgeschwächten Harnstrahl. Die Patientin erhielt einen Sauerkraut-Blasenwickel, worauf sofort der Harnstrahl kräftiger war (der Tonus der Blase ist bei jeder schwereren Krankheit reduziert).  Die Wirkung des einmaligen Wickels hielt einige Tage an. Die Patientin äußerte sich wie folgt: „Ich war im Bereich der Blase präsenter“.
MK

Fallbeispiel 2
Ein halbes Jahr nach der ersten Anwendung des Sauerkraut-Blasenwickels wurde bei derselben Patienten wegen derselben Symptomatik zu Hause, also ambulant, der gleiche Wickel angelegt. Dabei kamen weitere Beobachtungen ins Bewusstsein:
Der Raum, in dem der Wickel durchgeführt wird, und die Tücher geben starken Sauerkrautgeruch ab, man atmet diesen während der ganzen Dauer des Wickels an. Das geht nur, wenn man ihn mag – Patient danach fragen.
Der Wickel liegt in Symphysennähe über der Blasenregion. Von dort aus erlebt sich der Körper im Ganzen angesprochen. Auch entwickelt sich, von dort ausgehend, ein angenehmes Wärmegefühl bis in die Fußsohlen.
Man wünscht sich unbedingt eine kompakte Packung, also eine mit gut anliegenden Tüchern.
Man verlangt nach einer kontinuierlichen Hülle im Ganzen, sowohl vom Oberkörper her (Hemd, Pullover nach unten ziehen) wie von den Beinen her (Strumpfhose oder ähnliches), hier aber nur bis zum Unterrand der Wickelpackung. Wenn diese Hülle unterbrochen ist, hält man den Wickel nicht gut aus, möchte ihn vorzeitig abbrechen oder man versinkt nicht genug in ihn hinein.
Nach einer halben Stunde sind das Sauerkrautpäckchen und alle Wickeltücher abzunehmen und danach, wie oben beschrieben, ebenso eine kontinuierliche Wärmehülle wieder herzustellen.
Folgendes wurde auch hier deutlich erlebt, wie an anderer Stelle ebenso möglich (siehe Leberwickel): ein Zeitmaß stellt sich „von sich aus“ ein: man erlebt, mit der ersten halben Stunde ist ein Teil der Wickelwirkung abgeschlossen, mit der Nachruhe von einer zweiten halben Stunde ist der Organismus, der Leib, mit dem Wickel zu seinem Recht gekommen.
Ein Nebenerlebnis: das gewählte Sauerkraut war „zu fein“.
Die Patientin hatte für den Wickel ihren BH nicht geöffnet. In kürzester Zeit entstand eine Herzrhythmusstörung in Form eines Bigeminus, später eine Tachyarrhythmie sowie ein Engegefühl rund um den Thorax mit dem Gefühl, sie könne sich bei den einzelnen Atemzügen nicht ausdehnen.
Folgende Beobachtung ist noch zu erwähnen: bei der Patientin durfte die Sauerkrautpackung nur auf der Blase zu liegen kommen, nicht über die Symphyse hinüber, da die Hitze im Schambereich als zu stark und deshalb als unangenehm erlebt wurde. Vielleicht ist das vor allem bei älteren Frauen zu beachten.
MK

Autor

Red., MK

Literatur

Markus Roggatz, Angelika Maaser, Christoph Zerm, „Blase und Seelenleben“, Der Merkurstab, Heft 2 2016