Äußere Anwendungen in der Anthroposophischen Pflege

Senfauflage Ohr

Substanzart

Senfmehl

Leitgedanke zur Anwendung

Die Senfölglycoside wirken auf der Haut örtlich stark reizend, dringen schnell in die Haut ein und lösen ein starkes Brennen und ein intensives Wärmegefühl aus.
An der behandelten Stelle werden die Durchblutung und die Stoffwechseltätigkeit gesteigert und die Haut rötet sich. Durch den Hautreiz und die Wärmebildung durch die Senfölglycoside, entsteht über die Nervenendigungen in der Haut eine reflektorische Fernwirkung auf die inneren Organe.

Leitgedanke zur Substanz

Indikationen

  • Hörsturz

Durchführungsbeschreibung

Material:

  • Schwarzes Senfpulver (gemahlene Senfsamen)
  • Warmes Wasser (ca.50-60°C)
  • Spülgefäss
  • Holzspatel
  • Gaze 2-3 x so gross wie die Auflagefläche (Auflagefläche ca. 3-4 cm Durchmesser)
  • Schutztuch (in Gaze gewickelte Watte) so gross wie die Auflage


Durchführung der Anwendung
  • Senfmehl mit Wasser zügig zu einem Brei anrühren
  • Brei messerrückendick auf Gaze streichen und einpacken, dann dieses Päckchen sofort applizieren, ggfs. kann das Senfpäckchen auf einer Wärmflasche (mit Plastik abdecken) für einige Minuten bis zur Anwendung warmgehalten werden

  • Kompresse hinter dem betroffenen Ohr, am Os temporalis, auflegen
  • Meistens tritt rasches Brennen der Haut auf
  • Nach wenigen Minuten erste Spitze des starken Brennens, jetzt Haut auf Rötung beobachten: Wenn keine Rötung, kann noch kurz abgewartet werden, ansonsten Anwendung abbrechen.

  • Die Anwendungsdauer ist entscheidend, längstens bis Haut gerötet und ein deutliches Brennen verspürt wird, maximal 20 Minuten.

Individuelle Haut-Sensibilität beachten!

Nachbereitung:
  • Betreffende Stelle gründlich mit lauwarmen Wasser abwaschen, um Senfmehlreste zu entfernen.
  • Nachruhe: 15 Minuten
  • Das Brennen hält in der Nachruhe erst an und klingt allmählich ab.

Beurteilungssicherheit
Bei einer Patientin erfolgreich angewendet
Dosierung
1x tgl. kleine Senfauflage hinter dem betroffenen Ohr
Wirkungseintritt
Nach 2-3 Minuten, bis die Haut brennt, Anwendung unter Beobachtung der Hautrötung!
Therapiedauer
1 Mal täglich Senfauflage während drei Wochen
Warnhinweise
Diese Anwendung wurde bisher nur einmalig beschrieben.
Für die Anwendung bei Kindern liegen keine Erfahrungen vor.

Generell gilt für alle Senf-Anwendungen:
Keine Anwendung länger als 20 Min (Gefahr der Nervenschädigung in der Haut und Nekrosebildung).

Wichtig: tägliche Hautbeobachtung, es können Spätreaktionen eintreten (Rötung - Stunden nach der Auflage) und evtl. ist aufgrund der Rötung eine Anwendungspause notwendig.
Bei Hautempfindlichkeit, bei Sensibilitätsstörungen und bei mangelnder Körperempfindung gilt besondere Vorsicht.

Kontraindikationen
  • Hautverletzungen oder nässende oder entzündliche Hauterkrankungen im Bereich der Auflage
  • Noch nicht abgeklungene Rötung der Haut durch die vorangegangene Senfanwendung
  • Unverträglichkeit gegen Senf
  • Bestrahlte Hautareale

Durchführungsanleitung zum Download

Fallbeispiel

Junge Frau, mittelgradige Erschöpfungsdepression, psychiatrische Traumafolgestörung, Hörsturz 5 Tage vor Klinikeintritt, starker Tinitus und Taubheitsgefühl um das betroffene Ohr.
Besondere Wirkung bereits nach der ersten Senf-Anwendung am 2. Tag in der Klinik. Der Tinitus wird schwächer, die behandelte Stelle fühlt sich gut und normal belebt an, das Taubheitsgefühl im Kopf schwindet, das Hörergebnis verbessert sich. Die Patientin berichtet, der starke Senfreiz lenke sie von den störenden Tinitusbeschwerden ab. Weiter beschreibt sie eine angenehme Wärmeempfindung am Anwendungsgebiet und eine allgemeine körperliche Entspannung.
Die Behandlung war als einmalige Anwendung verordnet worden. Infolge positiver Wirkung entscheidet die Patientin die Behandlung selbstständig täglich weiter zu führen. Der Zustand verbessert sich und die Anwendung kann nach 3 Wochen beendet werden. Die Beschwerden sind während des Klinikaufenthaltes (ca. 10 Wochen) nicht mehr aufgetreten.

Die Patientin erhielt zu der Anwendung auch 3 mal täglich Arnica Planta tota D6 Globuli (Weleda) für eine Woche.
TB

Autor

Red., TB

Literatur

  • Pelikan Wilhelm, Heilpflanzenkunde I, 4. Auflage 1999, Verlag am Goetheanum, Dornach
  • Sonn Annegret, Bühring Ursel, Heilpflanzen in der Pflege, 1.Auflage 2004, Verlag Hans Huber, Bern
  • Reinhard Jürg, Sanfte Heilpraxis mit selbstgemachte Medikamenten, Neuauflage 2008, AT Verlag Baden und München
  • Leitfaden: Äußere Anwendungen 2014; Paracelsus Spital Richterswil, Schweiz